Unter Kaufprozess wird im Marketing eine Reihe von Kriterien verstanden, die aus Sicht des Kunden erfüllt sein müssen, damit dieser sich zu einer Kaufentscheidung bewegt. Über die Jahre haben Wirtschaftswissenschaftler eine Vielzahl von Modellen entwickelt, die versuchen diesen Prozess grafisch aufzuzeigen. Aus Unternehmenssicht können anhand der Modelle vorher festgelegte Marketingziele gemessen und neue Ziele definiert werden. Grundsätzlich findet der Kaufprozess und dessen Analyse auch in der Werbewirkungsforschung Anwendung.

Der Kaufprozess im Überblick

Die gängigste Darstellungsform des Kaufprozesses, ist die des “Fünf-Phasen-Modells” von Philip Kotler. Kotler berücksichtigt dabei nicht nur die Schritte bis zur Kaufentscheidung, sondern weist auch auf das Kundenverhalten nach dem Kauf hin. Mit der Intention, das Marketer im Zuge dessen den gesamten Kaufprozess in Betracht ziehen und sich nicht ausschließlich auf die Kaufentscheidung des Kunden konzentrieren. Die grafische Abbildung des “Fünf-Phasen-Modells” gestaltet sich darüber hinaus als weniger komplex, im Gegensatz zu anderen Modellen.

In Relation zum Kaufprozess wird dem Begriff des Involvements auch eine wichtige Rolle zuteil. Das Involvement beschreibt dabei den Aktivierungsgrad des Kunden, sich vor dem Kauf eines Gutes, oder dem Erwerb einer Dienstleistung, über entsprechenden Service oder entsprechendes Produkt zu informieren. Bei teuren Investitionen ist der Aktivierungsgrad in der Regel hoch ausgeprägt. Hier ist von einem sogenannten High-Involvement die Rede. Der Einkauf herkömmlicher Güter ist zumeist mit einem niedrigeren Aktivierungsgrad verbunden (auch Low-Involvement genannt). An dieser Stelle kann es auch vorkommen, das einzelne Schritte im Kaufprozess bewusst, oder unbewusst weggelassen werden.

Neben dem “Fünf-Phasen-Modell” von Kotler gibt es andere nennenswerte Modelle, die die verschiedenen Schritte während der Kaufentscheidung ähnlich aufzeigen. Die bekanntesten dabei sind:

  • das AIDA-Modell (Elmo Lewis, 1898)
  • S-O-R-Paradigma (Robert S. Woodworth, 1929)
  • The Theory of Buyer Behavior (Howard & Sheth, 1969)

Fünf Phasen des Kaufentscheidungsprozess nach Kotler

Wie der Name des Modells schon zu erkennen gibt, wird Kotlers “Fünf-Phasen-Modell” in fünf verschiedene Phasen aufgeteilt, die in einer Kaufentscheidung des Kunden resultieren. Der Kaufprozess wird demnach in die Phasen Problemerkennung, Informationssuche, Bewertung der Alternativen, Kaufentscheidung und dem Verhalten nach dem Kauf unterteilt.

Problemerkennung

Im Vordergrund steht das Erkennen eines Problems beim Kunden. Dabei spiegelt das Problem ein Bedürfnis wieder, das gestillt werden muss. Dieses Bedürfnis reicht aus Sicht der Unternehmen jedoch nicht aus, um aus dem potenziellen Abnehmer eine kaufende Kraft zu machen. Erst wenn beim Kunden ein Bedarf nach einem Wirtschaftsgut oder Dienstleistung entsteht, ist dieser auch für den Markt relevant. Dafür müssen aber sowohl innere, als auch äußere Stimuli auf den Kunden einwirken. Innere (interne) Stimuli beschreiben dabei die Grundbedürfnisse eines jeden Menschen. Sie lösen in uns ein Schlüsselreiz aus und zugleich das Bedürfnis diesen zu befriedigen. Grundbedürfnisse können zum Beispiel die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sein.

Äußere (externe) Stimuli wirken wiederum durch unser Umfeld auf uns ein. So können Bilder, Töne aber auch Gesichter als Reiz dienen, um uns zum Kauf zu bewegen. In der Regel operieren äußere Stimuli in Form von Werbemitteln. Beide Stimuli führen dazu, dass aus dem Bedürfnis ein Bedarf wird. Um den Bedarf zu decken, beginnen Kunden mit der Suche nach Informationen über das entsprechende Produkt oder Dienstleistung.

Informationssuche

Die Informationssuche erfolgt im Regelfall über das Internet. Hierbei werden vor allem Informationen über die Produkteigenschaften gesammelt. Im Weiteren unterscheidet Kotler in seinem Modell zwischen zwei signifikanten Suchzuständen. Der “aktiven Informationssuche” und einer “erhöhten Wachsamkeit”. Beide Zustände werden stark davon beeinflusst, nach welchem Produkt gesucht wird. Die Suche gestaltet sich dementsprechend danach, ob der Artikel beim Kunden einen niedrigen oder hohen Aktivierungsgrad auslösen. Auch trägt das Ausmaß des Bedarfs nach gesuchtem Artikel, der derzeitige Informationsstand des Kunden und der Erfüllungsgrad während des Suchprozesses dazu bei, wie bei der Informationssuche vorgegangen wird.

Ein gutes Beispiel für den Zustand der “erhöhten Wachsamkeit” liefert der Kauf von Zahnpasta. Vor dem Hintergrund, dass beim Kunden ein Bedarf an neuer Zahnpasta besteht, achtet dieser beim nächsten Gang zum Drogeriemarkt bewusst auf verschiedene Zahnpastaprodukte im Sortiment des Händlers. Insofern das Zahnpasta jedoch einen Massenware (Low-Involvement) darstellt, besteht vor dem Kauf kein Wunsch auf zusätzliche Informationen über benötigten Artikel. Auch die Auswahl der Zahnpastamarke gestaltet sich in der Regel als eine recht spontane Entscheidung, die meist erst vor Ort getroffen wird. Ein Beispiel für die “aktive Informationssuche” wäre wiederum die Investition in einen teuren Klavier Flügel.

Informationsquellen für die Suche sind unter anderem die persönlichen Kontakte des Kunden. Hinzu kommt jegliche Form von Werbemitteln, Massenmedien und Social Media. Auch beruhen Entscheidungen während der Informationssuche des Öfteren auf eigenen Erfahrungen.

Aufgrund der zusätzlichen Customer Touchpoints durch das Internet, ergibt sich bei der Suche auf Seiten der Kunden ein höherer Informationsstand und infolgedessen auch ein größerer Leistungsanspruch an die Anbieter. Heutige Verkäufer müssen entsprechend über ein ausgezeichnetes Produktwissen verfügen. Andernfalls mündet dieser Umstand in einer Unzufriedenheit und den eventuellen Verlust von Käufern. Allgemein folgt der Informationssuche die Auswahl einer kleinen Anzahl von Produkten. Die in Frage kommende Marken werden in einem nächsten Schritt miteinander verglichen und bewertet.

Bewertung der Alternativen

Bei der Bewertung der Alternativen werden alle gesammelten Marken- bzw. Produktinformationen zusammengeführt, miteinander verglichen und bewertet. Dabei sind die Bewertungskriterien meist von sehr persönlicher Natur. Etwa erhalten die verschiedenen Produkteigenschaften (auch Attribute genannt) während der Bewertung, je nach Präferenz des Kunden, eine unterschiedliche Gewichtung. Letztendlich gilt jedoch die Frage darüber, ob die gewählten Produkte für den Kunden auch einen wirklichen Nutzwert darstellen, als Ausschlusskriterium. In einem letzten Schritt wählt der Suchende den Artikel, der für ihn den größten Gesamtnutzen präsentiert.

In der Marktforschung lässt sich mittels Umfragen und Interviews ermitteln, welches Gewicht laut Kunden welchen Attributen zukommt, welche Eigenschaften Kunden von zukünftigen Produkten erwarten und welche Produkteigenschaften gänzlich ausgelassen wurden. Aus Sicht der Marketer lassen sich Customer anschließend gezielt auf die eigenen Produkte lenken.

Kaufentscheidung

Nach dem Bewerten der Produktalternativen können noch zwei Kräfte Einfluss auf die Kaufentscheidung des Kunden nehmen. Zum einen, die Meinung anderer Personen; anderseits ein unerwartetes Ereignis, was den Kauf beeinflussen könnte. Insbesondere die Meinung einer dritten Person, wie die eines Bekannten, kann einen starken negativen Effekt auf die Kaufabsicht des Kunden haben. Im Einzelnen bestimmen dabei zwei Kriterien die Dimension des Effektes:

  • die Einstellungsintensität der Dritten Person
  • Das Verhältnis zum Beeinflussenden

In diesem Fall ist vor allem die Beziehung zum Beeinflussenden ausschlaggebend. Je vertrauter der Kunde mit der Person ist, umso eher nimmt dessen Einstellung an. Umgekehrt kann eine positive Meinung derselben Person den Kunden ähnlich beeinflussen. Im Marketing wird hier oft von sozialer Bewährtheit gesprochen (auch Social Proof genannt). Dieses Phänomen beschreibt das Verhalten von Kunden Produkte eher zu kaufen, wenn diese vorher bereits von vielen anderen Personen erworben wurden. Besonders auf sozialen Plattformen ist dieses Phänomen stark vertreten. “Gefällt mir” Angaben von Freunden auf Facebook, oder Kundenrezensionen anderer User unter Artikeln auf Amazon können ein solches Verhalten hervorbringen.

Ein unvorhersehbares Ereignis das den Kauf verhindert, kann zum Beispiel der Verlust des Jobs sein, wenn eine teure Investition geplant war. Andere Möglichkeiten sind Gründe, die zum Abbruch des Bestellvorganges führen, wie etwa ein Absturz der Webseite.

Haben beide Einflüsse einen positiven Effekt auf den Kunden kommt es zum Kaufabschluss und der Käufer bewegt sich in die Nachkaufphase.

Verhalten nach dem Kauf

Die Nachkaufphase eignet sich aus Marketingsicht für Unternehmen zur Kundenbindung, mit dem Ziel aus einmaligen Käufern Wiederkäufer zu machen. Nutzen sehen darin vor allem Produkte die öfters neu angeschafft werden müssen. Des Weiteren eröffnen die Social Media-Netzwerke wie Facebook Unternehmen neue und umsatzfördernde Touchpoints mit den Kunden. Durch Word-of-Mouth-Marketing (Mundpropaganda) zufriedener Käufer und aufgrund des Social Proof-Effektes verhelfen Nutzer dieser Netzwerke den Marken zu mehr Reichweite, einem besseren Image und neuen Kundenstämmen.

Quellen

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